Eine starke Frau schockt das Parlament
Periode und Sexualität sind immer noch ein Tabu. In Tansania und Kenia, wie in vielen anderen Ländern auch, ist die Menstruation immer noch negativ behaftet. Periode gilt als „schmutzig“, Sexualität wird nicht diskutiert.
Jugendliche werden in ihrer Scham und Ungewissheit allein gelassen
Aufklärungsunterricht steht zwar offiziell im Lehrplan, wird an den Schulen größtenteils aber nicht durchgeführt. Auch in den meisten Familien sind Sexualität, Fortpflanzung und Menstruation keine Themen, über die man spricht. Jugendliche, vor allem die Mädchen, sind in ihrer Scham und Unwissenheit allein gelassen
„Ich dachte ich bin krank und muss sterben.
Mary, heute 18 Jahre alt
„Ich war 12, als ich zum ersten Mal meine Tage bekam. Ich hatte keine Ahnung und war erschrocken, als ich das Blut sah. Ich hatte Angst und gleichzeitig habe ich mich geschämt. Die Freundin meiner Schwester hat mir dann alles erklärt. Meine Angst ist gegangen, meine Scham ist jedoch geblieben.“
So wie Mary geht es den meisten Mädchen. Ein weitgehend unzureichendes Wissen über ihre sexuelle und reproduktive Gesundheit führt zu sozialer Ausgrenzung, zu Bildungsverlust und zu einem Kreislauf unerwünschter Frühschwangerschaften.
Senatorin Gloria Orwoba – eine starke Frau schockt das Parlament
„Es war nicht meine Absicht“ erzählt Gloria Orwoba. „Ich war auf dem Weg ins Parlament, als ich unerwartet meine Periode bekam. Auf meiner weißen Hose waren Blutflecke zu sehen. Erst wollte ich nach Haus gehen, doch dann dachte ich darüber nach, wie sehr das Stigma der Menstruation kenianische Frauen und Mädchen betrifft, und ging weiter in den Sitzungssaal.“
Denjenigen, die den Fleck auf ihrer Hose auf dem Weg ins Parlament bemerkten erklärte sie, sie wolle ein Zeichen setzen.
Als Gloria Orwoba den Sitzungssall betrat dauerte es nicht lange. Innerhalb weniger Minuten wurde es den Kollegen im Senat so unangenehm, dass eine andere weibliche Abgeordnete den Sprecher bat, Orwoba zu bitten, den Saal zu verlassen und ihre Kleidung zu wechseln. Die männlichen Kollegen stimmten dem zu und bezeichneten das Thema als „tabu und privat“, woraufhin Orwoba den Saal verließ.
Unsere Mädchen leiden
Ein männlicher Kollege beschuldigte sie, ihren „Unfall“ im Parlament vorgetäuscht zu haben, worauf sie in einem Interview mit den lokalen Medien antwortete, dass „jeder lieber glauben würde, dass es sich um einen Streich handelt. Denn wenn es ein Streich ist, dann ist es Schauspielerei, und auf diese Weise existiert es nicht in der realen Welt. Doch unsere Mädchen leiden.“
Der Vorfall von Gloria Orwoba hat in Kenia eine laute und starke Debatte über die „Tage der Scham“ von Frauen während der Periode ausgelöst. Und auch das Problem der Periodenarmut, der fehlende Zugang zu Menstruationsprodukten, vor allem für die Schulmädchen.
„I can do bleeding“
Einige von Orwobas Freunden haben sogar ein Plakat in der Hauptstadt Nairobi finanziert, das sie in einem weißen T-Shirt mit der Aufschrift zeigt „I can do bleeding“. Eine mutige Botschaft gegen das Stigma der Menstruation in dem weitgehend konservativen Land.
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